Wiederentdeckt und im Fokus aktueller Forschung – Olshausens „Steinobjekt mit Runeninschrift“ von Amrum
In den 1880er Jahren erhielt Otto Olshausen (1840-1922) davon Kenntnis, dass Amrumer Kinder ein Fragment eines vermutlich mittelalterlichen Wetzsteins gefunden hatten. Er erkannte, dass das Objekt Runenzeichen aufwies; Jahre später veröffentlichte er den Fund und übergab ihn in die Obhut des Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte. Nachdem das im Gropius-Bau untergebrachte Fundmagazin des Museums 1945 während eines Luftangriffs starke Zerstörungen erlitt, galt der Amrumer Fund genauso wie viele andere Artefakte als verschollen.
Umso größer war die Überraschung, als der Kieler Juniorprofessor für Friesische Philologie, Dr. Christoph Winter, im Winter 2023/24 neue Recherchen zum Verbleib des Objektes anstellte und es daraufhin von den Berliner Experten tatsächlich im kriegsbedingt signaturlosen Bestand entdeckt und sicher identifiziert werden konnte. Das Objekt steht somit ca. achtzig Jahre nach seinem Verschwinden wieder für neue wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung.
Diese Möglichkeit nutzend, fand im Mai 2024 im NIhK ein kleines interdisziplinäres Arbeitstreffen statt, an dem neben Dr. Christoph Winter, dem zuständigen Restaurator des Berliner Museums, Philipp Schmidt-Reimann und der Kieler Expertin für runische Schriftlichkeit Dr. Christiane Zimmermann, für das NIhK auch Dr. Katrin Struckmeyer, Dr. Martina Karle, Dr. Kirsten Hüser, Dr. Martin Segschneider und Prof. Dr. Hauke Jöns teilgenommen haben.
Dabei wurden unterschiedliche Untersuchungen, zum Teil mit Hilfe eines Digitalmikroskops durchgeführt, um zu klären, aus welchem Gestein das Objekt hergestellt wurde, welche Funktion es ursprünglich hatte, von welcher Datierung auszugehen ist und in welchen kulturhistorischen Kontext es einzuordnen ist. Darüber hinaus galt es zu klären, ob die Runenzeichen gleichzeitig und von der gleichen Person angebracht worden sind und welche Bedeutung sie gehabt haben könnten. Die während der Untersuchung erstellte Dokumentation wird gegenwärtig ausgewertet und soll in einer gemeinsam zu erstellenden Publikation veröffentlicht werden.