Die Borgsumburg auf der nordfriesischen Insel Föhr
Die Föhrer Borgsumburg, auch Lembecksburg genannt, liegt auf einer von Marschland umgebenen Geestkuppe etwa 1 km nördlich des Dorfes Borgsum. Das stattliche Denkmal zeigt sich als ein aus der Ferne sichtbarer und fast 8 m hoher Ringwall mit einem Innendurchmesser von knapp 100 m. Bei Ausgrabungen in den 1950er Jahren ließen sich in der Innenfläche Teile mehrerer gut erhaltener Hausreste mit Sodenwänden nachweisen, die in die Zeit vom 8. bis 11. Jahrhundert datiert werden können. In den Jahren 2001 und 2003 durchgeführte Geomagnetik- und Bodenradar-Messungen machten weitere Reste zahlreicher, eng beieinanderliegender Sodengebäude entlang des Ringwalls sichtbar. Die Innenbebauung der imposanten Anlage ist dabei auffallend gleichförmig und radial angeordnet.
Die Bedeutung der Borgsumburg unterstreichen auch die Ergebnisse des vorausgegangen DFG-geförderten Projektes „Gewerbewurten und Geestrandhäfen – mittelalterliche Handelshäfen an der deutschen Nordseeküste“ in dessen Rahmen die frühmittelalterliche Siedlungslandschaft rund um die Burg herausgearbeitet wurde (Majchczack 2020).
Sowohl Datierung wie Nutzung und die landschaftliche Einbindung werfen noch immer viele Fragen auf. Ein durch die Fredrik Paulsen Stiftung gefördertes, vierjähriges Projekt unter der Leitung von Dr. Martin Segschneider befasst sich seit Juni 2021 mit der Erforschung des Inneren der Borgsumburg nach aktuellen Fragestellungen anhand von archäologischen Ausgrabungen, welchen sich Dr. Kirsten Hüser als Grabungsleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin widmet. Angegliedert an diese Untersuchungen sind seit Februar 2022 geoarchäologische und paläotopographische Forschungen, die das Umfeld des Ringwalles als Teil eines Promotionsvorhabens betreffen. Sie werden von Pière Leon Frederiks (M.Sc.) als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand in Zusammenarbeit mit Frau Prof. Dr. Eileen Eckmeier vom Institut für Ökosystemforschung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel untersucht.
Forschungen innerhalb der Burganlage
Die Borgsumburg soll in mehreren Ausgrabungskampagnen in Kombination von archäologischen und naturwissenschaftlichen Analyse- sowie Datierungsmethoden näher untersucht werden. Durch die Forschung soll die möglichst exakte Nutzungszeit der Burg in mehreren Phasen sowie die endgültige Aufgabe der Anlage erschlossen werden. Weiterhin sind anhand der Funde Fragen bezüglich der Entstehung der Burg und ihre Einbindung in die umliegende Kulturlandschaft wie auch Hinweise zu den Erbauern und dem Leben in der Burg zu klären.
Die erste Ausgrabungskampagne im Sommer 2021 ergab bereits spannende Ergebnisse zu den obenliegenden Nutzungsphasen. Hierbei konnte das aus den Bodenradarbildern erschlossene Bild von dicht beieinander stehenden, radial zum Ringwall erbauten Sodenwandhäusern nun bestätigt werden. Außerdem waren neue Ergebnisse zum Aufbau und der Nutzung der Häuser zu gewinnen. Die Ausgrabungen erbrachten als frühmittelalterliche Funde neben der zeittypischen Gebrauchskeramik auch vier Glasperlen und einen gut erhaltenen Topf aus Haithabu-Drehscheibenware des 10. Jahrhunderts.
Zwischen Geest, Marsch und Meer
Das Interesse zum landschaftlichen Kontext der Burganlage entwickelte sich bereits während der Ausgrabungskampagne 2021. Im Anschluss an die Grabungsarbeiten wurde ein konkretes Forschungsthema einer Dissertation formuliert, welches sich der geoarchäologischen und paläotopographischen Untersuchung des Umfeldes des Ringwalls widmet. Ziel der Forschungen ist es, durch das Zusammentragen von Ergebnissen vorangegangener Studien und neu erhobener Daten, eine umfangreiche Grundlage für die Analyse und Interpretation der Landschaftsgenese, möglicher natürlicher Gewässersysteme sowie der Marschentwicklung und -nutzung zu schaffen.
Um die Datengrundlage der bisherig durchgeführten Studien zu verdichten, ist der Einsatz unterschiedlicher geophysikalischer sowie botanischer Prospektionsmethoden angedacht. Unter anderem sind als erste Maßnahmen geomagnetische Messungen und gezielte Entnahmen von Bohrprofilen geplant. Begleitend wird das zu untersuchende Gebiet auf der nordfriesischen Insel aus der Luft mit der Hilfe einer Drohne prospektiert und aufgenommen, um mögliche Bewuchsanomalien kartieren zu können. LIDAR-Bilder geben ebenfalls wertvolle Hinweise auf alte, vor dem Deichbau entstandene Landschaftsstrukturen in der Föhrer Marsch.
Literatur
- Majchczack, B. S., 2020: Die Rolle der nordfriesischen Inseln im frühmittelalterlichen Kommuniktationsnetzwerk. Band 1 und 2. Rahden/Westfalen.
- La Baume, P., 1961: Was wissen wir über die Lembecksburg? Museumsverein Insel Föhr e. V., 16 S.
- Majchczack, B., Schneider, S., Wunderlich, T., Wilken, D., Rabbel, W., & Segschneider, M., 2018: Early Medival trading sites on the North Frisian Island of Föhr. In: v. Carnap-Bornheim, C., Daim, F., Ettel, P., Warnke, U., (eds.) Harbours as objects of interdisciplinary research. Archaeology + History + Geosciences, RGZM-Tagungen 34, 311–328.
- Segschneider, M. (Hrsg.), 2009: Ringwälle und verwandte Strukturen des ersten Jahrtausends n. Chr. an Nord- und Ostsee. Internationales Symposium Utersum/Föhr 2005. Neumünster.
- Stümpel, H., u. Erkul, E., 2009: Geophysikalische Prospektion der Borgsumburg. In: M. Segschneider 2009, 113-121.