Zwischen römerzeitlichem Klimaoptimum und dem Jahr ohne Sommer 1816 – Klimatische Veränderungen und ihre Folgen für die Landschafts-, Vegetations- und Besiedlungsentwicklung
Klimatische Veränderungen haben seit jeher die ökologischen Voraussetzungen und die damit verbundenen Lebensbedingungen des Menschen auf verschiedene Weise beeinflusst. Mittel- und kurzfristige Klimaschwankungen, hervorgerufen durch veränderte Sonneneinstrahlung oder geologische Extremereignisse, haben einen spürbaren Einfluss auf die regionalen Umweltbedingungen. Prominente Beispiele hierfür sind das römerzeitliche Klimaoptimum, die Spätantike Kleine Eiszeit, die Mittelalterliche Warmzeit, die Kleine Eiszeit und das „Jahr ohne Sommer“.
Das römerzeitliche Klimaoptimum und die Mittelalterliche Warmzeit bezeichnen Perioden mit einem vergleichsweise warmen Klima. Der wärmste Zeitraum auf der Nordhalbkugel ist für den Zeitraum zwischen 950 und 1250 anzunehmen. Eine günstiges ozeanisch-atmosphärisches Zirkulationssystem und eine verhältnismäßig geringe vulkanische und solare Aktivität sorgten für gute Ausgangsbedingungen. In dieser Zeit kam es zu einer agrarischen und demographischen Expansion.
Die Spätantike Kleine Eiszeit und die Kleine Eiszeit waren ausgeprägte Kaltphasen variierende Intensität zwischen 536 und 660 bzw. zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert. Hierfür war jeweils eine Serie heftiger Vulkanausbrüche verantwortlich. Große Mengen eruptiver Aschen gelangten in die Stratosphäre. Sie führten in einem komplexen Zusammenspiel von solarer Einstrahlung, ozeanischer Zirkulation und Eisbedeckung, zu einer Abkühlung des Klimas. Folgen waren kühle und feuchte Sommerperioden und eine Verschiebung der Wachstumsphasen. Die klimatischen Auswirkungen waren in ganz Europa, mit regionalen Unterschieden, spürbar. Ähnlich verheerend war der Ausbrauch des Vulkans Tambora, dem 1816 das „Jahr ohne Sommer“ folgte. Hunger, Epidemien und Migrationen prägten das Leben in weiten Teilen der westlichen Hemisphäre.
Für die Rekonstruktion des Paläoklimas werden indirekte Klimaanzeiger, sogenannte Proxy herangezogen, die in gut datierbaren Archiven aufgezeichnet wurden. Solche Archive können botanische Überreste, Tephrenablagerungen und die chemisch-physikalische Zusammensetzung in Seesedimenten oder Eisbohrkernen sein, Wachstumsmarken von Bäumen oder Korallen und nicht zuletzt historische Aufzeichnungen. Je nach Qualität lassen sich daraus zeitlich unterschiedlich aufgelöste und räumlich differenzierte Klimamodelle entwickeln.
Kulturelle und soziologische Auswirkungen von Klimaveränderungen zeichnen sich im archäologischen Befund ab. Siedlungsräume mit langer Kontinuität dünnen plötzlich aus, werden aufgegeben und in andere Regionen verlagert. Fremde Kultureinflüsse, die auf Migration hindeuten, tauchen unvermittelt auf. Nicht jede Veränderung im archäologischen Kontext ist zugleich eine Folge von Klima- und Umweltveränderungen. Große Unsicherheiten bestehen in der unterschiedlichen chronologischen Auflösung, der regionalen Verteilung und dem zeitlichen Abstand zwischen Ursache und Wirkung einer solchen Veränderung. Mangelndes Verständnis zwischen Kultur- und Naturwissenschaften führt oft zur vorschnellen Konstruktion von Zusammenhängen zu Ursache und Wirkung von Klima auf Kultur, die bei genauer Betrachtung nicht haltbar sind.
In dem auf drei Jahre ausgelegten interdisziplinären Forschungsprojekt sollen die relevanten Forschungen zur Landschafts-, Vegetations- und Besiedlungsentwicklung der vergangenen zwei Jahrtausende im Nord- und Ostseeraum in einer Metadatenbank zusammengeführt werden. Diese Datenbank soll eine Grundlage für die Erstellung eines interdisziplinären Forschungskonzeptes bilden. Darin können internationale Kooperationspartner unterschiedlicher Disziplinen aus Kultur- und Naturwissenschaft hochaufgelöste und räumlich differenzierte Szenarien entwickeln, die die Klimaentwicklung im Nord- und Ostseeraum und ihre kulturellen Folgen besser und differenzierter abbilden als in der Vergangenheit.
Weitere Auskünfte zum Projekt erteilen Daniel Hepp und Hauke Jöns.