Im Moor bewahrt - Relikte prähistorischer Siedlungslandschaften im Elbe-Weser-Dreieck
Großsteingräber, Megalithgräber oder auch Hünenbetten gehören zu den bekanntesten archäologischen Denkmälern in Norddeutschland. Seit es archäologische Forschungen gibt, sind diese Kollektivgräber und die dazugehörigen Siedlungen immer wieder untersucht worden und dabei wurden viele Erkenntnisse über die Erbauer – die Leute der Trichterbecherkultur – gewonnen. Allerdings stellen die Auffindungszustände die Wissenschaftler immer wieder vor große Herausforderungen. Fast nie sind solche Fundstellen ungestört; Nachbestattungen, Tierbauten, Raubgräber und vieles mehr machen es unmöglich die Situation vor 5000 Jahren, als diese Gräber erbaut wurden, genau wiederzufinden.
Erste Untersuchungen zeigen, dass im Ahlen-Falkenberger Moor eine einzigartige „Zeitkapsel“ vorhanden ist, da die prähistorische Landschaft übermoort vorliegt. Damit gibt es hier die einmalige Möglichkeit, wichtige Fragen zum Leben dieser Zeit zu lösen.
Die Geestinseln Wanna und Flögeln sind in der archäologischen Fachwelt sehr geläufig. Die Funde der Steinzeit, die dort gemacht wurden und auch die Überreste von Siedlungen und Gräbern sind etwas ganz Besonderes. Lange Zeit wurde das Gebiet dazwischen jedoch nicht beachtet, da die Meinung galt, dass bereits vor 5000 Jahren hier ein Moorgebiet vorherrschte. Untersuchungen zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall war, sondern dass sich hier in einer Fjordlandschaft Spuren steinzeitlichen Lebens finden lassen. Erst in der Eisenzeit um 800 v. Chr. war die Übermoorung abgeschlossen und der Torf hat diese Hinterlassenschaften unter sich begraben sowie konserviert wie an kaum einer anderen Stelle in Europa.
Durch das Projekt „Relikte im Moor“, welches vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) im Rahmen des Programmes Pro*Niedersachsen für die Jahre 2019-2021 gefördert wird, besteht nun die einmalige Möglichkeit, diese Hinterlassenschaften im Ahlen-Falkenberger Moor und in der vergleichbaren Kleinregion um Hammah zu suchen, zu finden und zu erforschen.
Um die steinzeitliche Landschaft rekonstruieren zu können, sollen verschiedene Arbeiten im Gelände durchgeführt werden. In dem Projekt finden unter der Leitung von Dr. Moritz Mennenga geologische Untersuchungen zur Rekonstruktion der Paläooberfläche (Dr. Martina Karle), botanische Untersuchungen zur Moorausbreitung und Vegetationsgeschichte (Dr. Steffen Wolters) und geomagnetische und archäologische Untersuchungen an den neu entdeckten und bekannten Fundstellen (Dipl.-Prähist. Anja Behrens) statt. Werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen zusammen betrachtet, so lässt sich die Welt der Menschen im 4. Jahrtausend v. Chr. im Ahlen-Falkenberger Moor so detailliert rekonstruieren, wie kaum an einer anderen Stelle.
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Literatur
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- M. Mennenga, A. Behrens, P. L. Frederiks 2021: Steinzeit unter dem Moor. Archäologie in Deutschland, 2/2021, 8-13.
- M. Mennenga 2020: Relikte im Moor - Der Blog zum Projekt. Nachrichten des Marschenrates zur Förderung der Forschung im Küstengebiet der Nordsee 57, 43-45.
- A. Behrens, M. Mennenga, S. Wolters u. M. Karle 2019: „Relikte im Moor“ – ein neues Projekt zur Erforschung der mittelneolithischen Landschaftsentwicklung im Ahlen-Falkenberger Moor, Ldkr. Cuxhaven. Siedlungs- und Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet 42, 9–22.