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Töpfereitraditionen als Spiegel gesellschaftlicher Strukturen des 5. und 4. Jahrtausends v. Chr. im nördlichen Mitteleuropa

In der Erforschung steinzeitlicher Kulturgruppen stellen Keramikfunde ein wichtiges Quellenmaterial dar, das vor allem zur relativchronologischen Datierung von Fundplätzen herangezogen wird. Allerdings können unter Anwendung von archäometrischen Methoden auch detaillierte Erkenntnisse zum Töpfereihandwerk, insbesondere zu den verwendeten Rohstoffen, ihrer Aufarbeitung sowie den eingesetzten Herstellungstechniken, gewonnen werden, die Rückschlüsse auf verschiedene Aspekte der gesellschaftlichen Organisation ermöglichen.

Hier will das an dieser Stelle vorzustellende Projekt ansetzen, indem es mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden die Rekonstruktion von Kommunikationsräumen vornimmt. Insbesondere die Identifizierung von gemeinsam zur Töpferei genutzten Rohstoffquellen ermöglicht weitreichende Aussagen zu lokalen Netzwerken und Interaktionen zwischen einzelnen Siedlungsgemeinschaften einer Region. So erschließen die Untersuchungen z. B. Informationen über die räumliche Einbindung von Großsteingräbern oder Siedlungen in die sie umgebenden Siedlungsräume, so dass beispielsweise rekonstruiert werden kann, welche Siedlungen zum Einzugsgebiet benachbarter Megalithgräber gehörten. Darüber hinaus können aus nicht lokalen Tonvorkommen hergestellte Gefäße identifiziert werden, die Rückschlüsse auf überregionale Austausch- und Handelsverbindungen zulassen. Ein weiteres Ziel des Projektes besteht in der Charakterisierung des Überganges zwischen der Ertebølle-Kultur und der frühen Trichterbecherkultur. Lassen sich anhand von möglichen Technologietransfers Verbindungen zwischen den Kulturen herstellen oder handelt es sich vielmehr um deutlich voneinander abzugrenzende Handwerkstraditionen?  

Um die für das Forschungsvorhaben relevanten Ziele erreichen zu können, werden verschiedene archäometrische Methoden in Kombination zueinander angewendet. Diese umfassen sowohl mikroskopische Untersuchungen von An- und Dünnschliffen der Keramik als auch umfangreiche chemische Analysen.  

In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten, dreijährigen Forschungsvorhaben werden die Keramikanalysen von Dr. Katrin Struckmeyer durchgeführt. Anhand von Keramikinventaren aus mehreren Mikroregionen, die sich räumlich zwischen den Niederlanden, den dänischen Inseln und dem Oderraum erstrecken, soll ein wichtiger Beitrag zur Rekonstruktion der gesellschaftlichen Organisation und Raumnutzung des 5. und 4. Jahrtausends v. Chr. geleistet werden.

Literatur

Baier, I., u. Struckmeyer, K., 2017: Tonangebend! Archäometrische Methoden in der Keramikanalyse. Archäologie in Niedersachsen 20, 97–100.

Nösler, D., Struckmeyer, K., u. Jöns, H., 2012: Neue Forschungen zur Tradition, Technologie und Kommunikationsstrukturen des Töpferhandwerks der Trichterbecherkultur – erste Ergebnisse archäometrischer Untersuchungen. In: M. Hinz u. J. Müller (Hrsg.), Siedlung, Grabenwerk, Großsteingrab. Studien zu Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt der Trichterbechergruppen im nördlichen Mitteleuropa, 463–471. Bonn.

Struckmeyer, K., 2017: Keramikanalysen an Funden aus Flögeln, Ldkr. Cuxhaven, Lavenstedt, Ldkr. Rotenburg (Wümme), und Visbek, Ldkr. Vechta. In: M. Mennenga, Zwischen Elbe und Ems. Die Siedlungen der Trichterbecherkultur in Nordwestdeutschland. Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung 13, 421–435. Bonn.

Struckmeyer, K., 2019: Pottery traditions in the Funnel Beaker culture – archaeometric studies on pottery from Flintbek (Germany). In: J. Müller, M. Hinz u. M. Wunderlich (Hrsg.), Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe. Volume 3. Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung 18, 811–818. Bonn.